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Rolli-Urlaub 2002
(07.04.-21.04.)
in Spanien/Andalusien/Malaga
In Bezug auf Reisen war für mich ein langes Vorbereiten schon immer ungewöhnlich.
Doch dass dies gerade in meiner Situation unvermeidlich ist, das war von vornherein
klar. Dennoch gelang es mir, mein Vorhaben innerhalb zwei Monaten zu verwirklichen.
Mein Drang nach Tapetenwechsel wollte keine Verzögerung zulassen. Nachdem
ich mir ein Ziel über das Internet ausgesucht hatte, anfangs entschied
ich mich für die behindertengerechte Appartementanlage
Esperanza in Calpe/Costa Blanca, ging es darum, mein Begleitpersonal zu
finden, was sich als eine nicht einfache Aufgabe erwies, denn nicht nur einmal
schien das Ganze daran zu scheitern. Letztlich hat dann doch eine 4-köpfige
Begleitmannschaft zusammengefunden. Inzwischen hatte ich mich für die
Pension Castillo
Verde bei Malaga, ebenfalls rollstuhlgerecht, entschieden, hauptsächlich
deshalb weil im Angebot Halbpension mit dabei war. Nun ging es darum, eine
Fluggesellschaft ausfindig zu machen, was auch nicht einfach war. Der absolute
Hammer leistete sich Crossair: ein Flug käme nur liegend in Frage und
ich müsste für mich alleine den Preis für ca. 5 Personen bezahlen.
Obwohl ein Flug-Rettungsassistent u. Anestesie -u. Intensivpfleger mit von
der Partie war und ich völlig gesund, verlangte man eine ärztliche
Begleitung. Aber der Gipfel der Unverschämtheit war, dass man mich, laut
Auskunft des Flugarztes, mit einem Vorhang von den anderen Passagieren abschotten
müsste. Ist meine Erscheinung für andere unzumutbar? Auf meine Beschwerdemail
folgte nach langer Wartezeit eine telefonische Entschuldigung seitens der
Kundenbetreuung. Auch Lufthansa, die bereits einmal einen dauerbeatmeten Passagier
nach Spanien flog, lehnte aufgrund neuen Bestimmungen meine Anfrage ab. Schon
spielten wir mit der Überlegung, einen Flieger zu mieten, was sogar geklappt
hätte, aber für mich unbezahlbar gewesen wäre bei einem Flugstundenpreis
von Euro 300. Letztendlich bekamen wir einen Charterflug ab Stuttgart nach
Malaga mit Hapag Loyd. Verwundert waren wir, weil nicht einmal eine ärztliche
Bescheinigung, geschweige eine ärztliche Begleitung verlangt wurde. Alles
schien glatt zu laufen, bis uns mitgeteilt wurde, dass mein Rolli nicht in
den Gepäckraum passt, was sich später als unwahr herausstellte.
Aus diesem Grund fuhren Paule und Christine zwei Tage vor meinem Abflug mit
meinem vollgepackten Auto los Richtung Süden. Treffpunkt sollte bei meiner
Ankunft der Flughafen in Malaga sein, wo uns auch Walter und Silvia, Inhaber
der Pension, erwarteten.
Am 07.04. um 2 Uhr nachts ging es los. Zusammen mit Gert, Jürgen
und einem Fahrer vom Johanniter Hilfsdienst wurde ich liegend nach Stuttgart
gebracht, denn 6.15 Uhr war Departure. Die Vacuummatraze bot mir einen
bis dahin nicht bekannten angenehmen Liegekomfort in einem Fahrzeug. Nach
einer halben Stunde Fahrt ereignete sich der erste Zwischenfall: piep,
piep, piep, piep...., der Accu vom Beatmungsgerät, dessen Kapazität
bei mindestens 12 Stunden liegen sollte, stieg aus. Schnell war der 2.
Accu angeschlossen, von dem ich zu meiner Beruhigung sicher wusste, dass
er 15 Stunden arbeitete. Kann es sein, dass uns beim Test der Batterie,
die ich erst vor Kurzem neu erhalten hatte, ein Fehler unterlaufen ist,
oder kann es sein, dass sie ausgerechnet jetzt den Geist aufgab? Hatte
das Laden nicht funktioniert? Diese Fragen blieben vorerst unbeantwortet.
Am Flughafen angekommen, mussten wir warten bis die Crew an Bord war.
Offensichtlich wurde die Information über unser Kommen nicht weitergegeben.
Langsam kroch mir die Kälte von den Füßen ausgehend in
alle Knochen. Auf den Dächern der parkenden Autos war Frost zu sehen
und es kam der Moment, wo es mir egal gewesen wäre, hätte man
uns wieder heimgeschickt. Dies erschien mir nämlich gar nicht abwegig
nachdem nun doch eine ärztliche Bescheinigung verlangt wurde. Schlussendlich
konnte diese Forderung durch meine Unterschrift auf einer Unbedenklichkeitserklärung
umgangen werden. Meine Unterschrift? Im Beisein eines Bediensteten führte
Gert meine Hand, in der ich mit seiner Hilfe einen Stift umklammern konnte.
Nachdem scheinbar alle Hürden überwunden waren, fuhren wir begleitet
von der Feuerwehr zum Flugzeug. Nur noch wenige Minuten bis zum Start.
Dass ich eine Verspätung verursachte, lag bereits zu diesem Zeitpunkt
auf der Hand, denn die übrigen Passagiere wurden erst nachdem ich
abflugbereit im Sessel saß hereingelassen. Relativ unsanft wurde
ich von der Wagenliege auf einen unbequemen Tragestuhl gehieft. Das Beatmungsgerät
war abgeschaltet und ich wurde von Hand mit dem Beutel beatmet. Umgeben
von 6 arbeitenden und keuchenden Männern wurde ich auf meinem "Thron"
die steile und enge Treppe hoch geschleppt. "Nur nicht stolpern,
Jungs," dachte ich. Geschafft, nur noch rum um die Ecke und den Mittelgang
entlang vor bis zu meinem Platz. Endlich saß ich und das bequemer
als ich zuvor befürchtete. Die Leute von der Feuerwehr und die Besatzungsmitglieder,
insbesondere die Chef-Stewardess, waren sehr freundlich und interessiert.
Froh war ich, als ich wieder am Beatmungsgerät hing. Für mein
Handgepäck benötigten wir enen zusätzlichen Sitzplatz.
Nun kamen auch die "gesunden" Passagiere an Bord. Viele schauten
beklommen weg, während mein Blickwinkel sie erfasste - typisch deutsch.
Vibrierend rollte die Boing in Position. Entgegen der Annahme, dass während
dem Start und der Landung das Beatmungsgerät abgeschaltet werden
muss, durfte ich ununterbrochen maschinell beatmet werden. Nicht einmal
der Beatmungsdruck musste während des Fluges verändert werden.
Auf halber Strecke bereitete mir dann das Sitzen zunehmend Schwierigkeiten
und erleichtert war ich, wie man mich zum Aussteigen auf eine Art Sackkarre
setzte. In gekippter Position war die Lage einigermaßen erträglich.
Immerhin standen mir in Malaga keine Treppen im Weg, denn es hatte ein
Hubwagen angedockt. Dadurch, dass ich Tage zuvor das Europawetter verfolgte,
war ich nicht überrascht, als mir bei der Ankunft, ein kalter Wind
um die Nase pfiff. Aber mein Optimismus sagte mir, dass der Wetterumschwung
unmittelbar bevorstünde. Ich irrte - über eine Woche dauerte
es bis wir die Sonne endlich genießen konnten. Mein neues Bett sehnlichst
erwartend, saß ich in meinem Auto und wir fuhren Richtung
Castillo Verde, der Pension von Walter, ein Schweizer, und seiner
bolivianischen Frau Silvia. Cirka eine ¾ Stunde dauerte die Fahrt.
Das landestypische schöne Gebäude liegt in einer kargen aber
reizvollen Landschaft, etwa 1500 m vom Meer entfernt und in entgegengesetzter
Blickrichtung sieht man auf die Berge, deren Silhouette besonders zum
Sonnenaufgang ein sehr schönes Bild bescherte. Der malerische Garten
mit seiner vielfältigen Vegetation ist ein Ort, der zum Verweilen
und Entspannen einlädt. Erst ab Mitte Mai kann man den Pool benutzen.
Susi, eine anhängliche Schäfer-Mischlingshündin bewacht
das Anwesen, welches abseits auf einer Anhöhe liegt. Walter und Silvia
bieten ihren Gästen eine familiäre Atmosphäre und Ausflüge
mit ihrem geräumigen Transporter, in dem 2 große Rollstühle
Platz haben. Auf das pünktliche Erscheinen zu den Mahlzeiten wurde
Wert gelegt und die Leckereien, die der ehemalige Schiffskoch und Silvia
täglich servierten, konnte ich, da ich künstlich ernährt
werde, leider nur mit dem Auge wahrnehmen. Etwa 6 km weiter, Richtung
Almeria, ist die nächste Stadt. Torre del Mar hat eine schöne
lange Strandpromenade, ideal mit dem Rolli befahrbar. Immer wieder empfing
ich von den Leuten freundliche Gesten, das war auffallend. Ein weiteres
lohnenswertes Ausflugsziel an der Küste ist die Stadt Nerja mit seiner
schönen Altstadt und dem Balcon de Europa und im Landesinnere besuchten
wir einen sehenswerten verwinkelten Stausee. Die Tour in die Alhambra,
die mindestens 7 Stunden gedauert hätte, haben wir nicht mehr geschafft.
Der Abschied nach 2 Wochen fiel mir schwer, was nicht nur an der Wetterbesserung
lag. Wir waren eine lustige Truppe und ich habe liebe Menschen kennen gelernt.
Nach der Landung in Stuttgart eine unangenehme Überraschung. Obwohl dem
Flughafen vom Bordpersonal mitgeteilt wurde, dass aufgrund zweier gehunfähigen
Fluggäste ein Finger zum Andocken benötigt wird, wurde die Erlaubnis
wegen einem VIP nicht erteilt. Ich hatte Glück, den Abstieg über
die befürchtete Treppe habe ich überlebt. (Die Beschwerde-Mail habe
ich unten angehängt)
Danke an:
Alice für die Herzensenergie,
Walter und Silvia, Ihr ward großartige Gastgeber,
Paule, Christine, Gert und Jürgen für Euer unermüdliches Engagement,
meine Eltern für alles,
Dijana und Christoph für Eure Mühe und Freundschaft,
Dorothea und Meta für Eure Hilfe,
Hapag Lloyd und Crew
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